Die Grundlagen der Universitäten im Heiligen Römischen Reich
Das Verlangen nach der Universität im Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation kann durch das Streben der Kaisern des Reiches nach mehr unabhängiger Macht gegenüber dem Klerus erklärt werden. Seit der Karolingischen Bildungsreform im 8. Jahrhundert besaßen der Papst und die Geistlichen ein Bildungsmonopol, fast alle Gelehrten in dieser Zeit waren Teil der Kirche. Aus dem Zusammentuen verschiedener Rechtsschulen entstand 1088 die erste Universität in Bologna, im damaligen Reichsitalien. In ihr lernten nicht nur der Klerus, sondern auch papst-unabhängige Studenten. Trotzdem war eine päpstliche Genehmigung notwendig, um eine Universität zu gründen. Die erste Universität im Deutschsprachigen Teil des Reiches wurde von Kaiser Karl IV. in Prag im Jahre 1348 gegründet. Obwohl sie in Böhmen lag, kamen nicht nur böhmische, sondern auch Studenten aus Sachsen, Bayern und Schlesien (und anderen Gebieten im Heiligen Römischen Reich) nach Prag, um dort zu studieren. Die zweitälteste Universität im Deutschen Sprachraum stellt die Universität Wien, welche 1365 gegründet wurde, die Universität Heidelberg (gegründet 1386) wurde die drittälteste. 1409 verließen 1000 Lehrkräfte und Studenten aufgrund von konfessionellen Streitigkeiten hinsichtlich der Hussiten-Bewegung die Prager Karls-Universität und gründeten die Universität Leipzig. Sie wurde zur viertältesten im Reich. Gegen Ende des 15. Jahrhundert studierten im Reich 3.000 Studenten. Später wurden viele Universitäten auch gegründet, um das Territorium eines Herrschers aufzuwerten und auch um das eigene Ansehen zu erhöhen. So wurden nördlich der Alpen zwischen 1348 und 1506 siebzehn Universitäten gegründet. Trotz des Dreißigjährigen Krieg wuchs die Anzahl der Universitäten im Heiligen Römischen Reich von 25 gegen Kriegsbeginn zu 29 am Ende des Kriegs. Auch die territoriale Aufgliederung des Reiches nach dem Westfälischen Frieden trug zu neuen Universitätsgründungen bei. Zu Beginn des 16. Jahrhunderts verfügten alle reichsfürstlichen Gebiete über eine Universität. Die Humanistische Bewegung lockerte zwischenzeitlich die Bindung zwischen Kirche und Universität. Trotzdem blieb die Universität eine sehr exklusive Einrichtung; gegen Ende des 18. Jahrhunderts gab es „nur“ 6.000 Studenten im Heiligen Römischen Reich, welche in etwa 45 Universitäten studierten.
Im Foto (Bild 2) abgebildet sind fünf Siegel, die zur Universität Heidelberg gehörten und von ihr in Auftrag gegeben wurden. Das große Siegel in der Mitte zeigt den Schutzpatron Petrus in der Mitte sitzen Die beiden knienden Ritter könnten Kurfürst Ruprecht I. (rechts) und sein Neffe, Mitregent und Nachfolger Ruprecht II. (links) sein. Sie geben ihm jeweils ein Wappenschild. Oben links sieht man das Siegel der theologischen Fakultät der Universität. Es zeigt einen Lehrer gemeinsam mit zwei Schülern. Oben rechts ist das Siegel der Juristischen Fakultät zu sehen, es zeigt eine Unterrichtsszene, mit einem Doktor als Lehrer. Unten links ist das Siegel der medizinischen Fakultät, das einen geflügelten Stier zeigt. Der Stier soll den Evangelisten Lukas darstellen, der als Patron der Ärzte gilt. Unten rechts zu sehen ist das Siegel der Artistenfakultät. Es zeigt einen Gelehrten und um ihn herum ist das dreiteilige kurpfälzische Wappen abgebildet.[1]
Die Siegel zeigen gut, wie viel Einfluss der Klerus auf die Bildung hatte, von der theologischen Fakultät zum geflügelten Stier. Außerdem zeigt es, wie viel Ansehen eine Universität einem Herrscher und seinem Gebiet gab. Es zeigt auch, dass es durchaus außerkirchliche Lehrkräfte gab (oben rechts).
Text von Kevin Czerny