Die Hohe Schule in Herborn: Das Vorbild
Die Hohe Schule Herborn (Academia Nassauensis) war eine universitätsähnliche deutsche Hochschule in Herborn, die von 1584 bis 1817 bestand. Die Theologische Fakultät der Hochschule existiert im „Theologischen Seminar der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau“ in veränderter Form weiter.
Die Gründung der Hohe Landesschule in Hanau ist maßgeblich vom Herborn Vorbild geprägt. Philipp Ludwig II. besuchte – ebenso wie sein Bruder Albrecht – ab 1585 die Hohe Schule in Herborn, zunächst als Student, 1588 als Schüler des Paedagogiums, 1589 war er Rektor der Hohen Schule und 1590 wieder Student.[2] Ab 1591 besuchte er die Universität Heidelberg. Sowohl die Hohe Schule Herborn als auch die Universität waren Zentren reformatorischer Bildung. An der Universität Heidelberg bekleidete er das Ehrenamt eines rector magnificus. Zeitgleich mit ihm studiere Johann Amos Comenius, der Begründer der modernen Pädagogik, in Herborn.
Schon 1581 vermählte sich seine Mutter, Gräfinwitwe Magdalena, mit Graf Johann VII., dem Mittleren, von Nassau-Siegen (1561–1623), dem Sohn eines der Vormünder. Dadurch kamen Graf Philipp Ludwig II. und sein jüngerer Bruder, Graf Albrecht, an den Nassau-Dillenburger Hof. Dieser war ein Zentrum der reformierten Glaubensrichtung in Deutschland und eng mit dem ebenfalls reformierten kurpfälzischen Hof verbunden. Dies sollte prägend auf den jungen Grafen wirken und auch die Gründung der Hohen Landesschule maßgeblich beeinflussen.
Die Academia Nassauensis, eine Hohe Schule, wurde von Graf Johann VI. von Nassau-Dillenburg auf Drängen seines Bruders Wilhelm von Oranien in dessen Sterbejahr 1584 gegründet. Die Anfänge der Hohen Schule (Pädagogium) lagen im Schloss Herborn. 1588 kaufte Graf Johann der Stadt Herborn das alte Rathaus ab und ließ es durch Erweiterungsbauten zur Hohen Schule umfunktionieren. Die später reformierte universitätsähnliche Hochschule war mit vier Fakultäten ausgestattet. Sie wurde bald eine der wichtigsten Bildungsstätten der calvinistisch Reformierten in Europa. In den Niederlanden bestand mit der Universität Franeker eine vergleichbare Hochschule.
Trotz wiederholter Bemühungen und der unbestritten hohen Qualität der Lehre wurde der Hohen Schule kein kaiserliches Privileg für die Führung der Bezeichnung „Universität“ erteilt, eventuell weil es sich um eine calvinistische Gründung handelte. Die Hohe Schule hatte daher nie ein Promotionsrecht.
Am 17. Dezember 1811 erließ Napoleon ein Dekret, für das Herzogtum Berg (an das Herborn 1806 gefallen war) in Düsseldorf eine Landesuniversität zu errichten und zu deren Gunsten unter anderem die Hohe Schule Herborn zu schließen. Infolge des Endes der napoleonischen Herrschaft kam es zwar nicht mehr zur Umsetzung dieser Anordnung, aber auch das 1806 entstandene Herzogtum Nassau konnte oder wollte die Hohe Schule nicht weiterführen. Die Hochschule wurde 1817 aufgehoben, nur die theologische Fakultät wurde als theologisches Seminar der Evangelischen Landeskirche in Nassau weitergeführt.